Raumzeitverhalten der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) im Leipziger Auwald

Research output: Types of thesisMaster thesis

Contributors

  • Janis Rothmeyer - (Author)

Abstract

Diese Masterarbeit untersucht das Raum-Zeit-Verhalten der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris) im Leipziger Auwald, einem strukturreichen, peri-urbanen Lebensraum mit einem Mosaik aus Feuchtwäldern, Laubwäldern und Offenland. Über einen Zeitraum von vier Monaten wurden vier Wildkatzen mithilfe von GPS-Telemetrie und Beschleunigungssensoren (ACC) beobachtet, um Bewegungsmuster, Aktivitätsphasen, Habitatpräferenzen und die Nutzung von Ruheplätzen zu analysieren. Für die Auswertung kamen die Local Convex Hull-Methode (LoCoH-α) zur Bestimmung von Streifgebieten und Kernzonen, der Jacobs-Index zur quantitativen Analyse der Habitatwahl sowie ergänzend eine Feinkartierung ausgewählter Tagesschlafplätze zum Einsatz.
Die Aktivitätsmuster der untersuchten Tiere entsprachen weitgehend dem dämmerungs- und nachtaktiven Verhalten der Art. Gelegentliche Phasen erhöhter Tagaktivität, insbesondere beim Kuder, deuten auf individuelle Unterschiede oder mögliche Anpassungen an externe Einflüsse wie Störungen oder Habitatstruktur hin. Die Streifgebietsgrößen unterschieden sich erwartungsgemäß nach Geschlecht, wobei das Männchen die größte Fläche nutzte. Besonders auffällig war die enge Überlappung der Streifgebiete zweier nicht verwandter Weibchen, was auf eine erhöhte soziale Toleranz innerhalb der Population hindeuten könnte. Mögliche Ursachen dafür sind die Habitatstruktur oder eine soziale Anpassung durch die etablierte und standortreue Population.
Die Tagesschlafplätze wurden mithilfe der kombinierten GPS- und ACC-Daten identifiziert. Die Analyse zeigte, dass bestimmte Orte gezielt und wiederholt aufgesucht wurden. Strukturen wie Totholz, Brombeerdickicht und dichte Vegetation spielten eine zentrale Rolle als Rückzugsorte. Trotz individueller Unterschiede in der absoluten Anzahl der genutzten Schlafplätze blieben die relativen Nutzungsmuster über alle Tiere hinweg vergleichbar. Die ergänzende Feinkartierung bestätigte die hohe Bedeutung deckungsreicher Strukturen und lieferte zusätzliche Informationen zur Habitatqualität vor Ort.
Die Ergebnisse zur Habitatnutzung verdeutlichen die besondere Bedeutung des Feuchtwaldes, der als namensgebender Biotoptyp des Untersuchungsgebiets eine zentrale Rolle spielt. Wildkatzen nutzten diese Struktur am häufigsten, wobei sich geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten. Für das Männchen scheint der Auwald durch die Leitstrukturen der Gewässer von Bedeutung zu sein, während er für die Weibchen zusätzlichen Schutz und schwer zugängliche Rückzugsorte bietet. Insgesamt zeigt sich eine deutliche Anpassung der Wildkatzen an die Gegebenheiten des Untersuchungsgebiets. Dieses erfüllt durch seine Waldflächen mit strukturreicher Vegetation und Wasseranbindung zentrale Ansprüche der Art. Offenland wurde, soweit vorhanden, weitgehend gemieden oder nur punktuell genutzt, was den Wert naturnaher Waldlandschaften für den dauerhaften Erhalt stabiler Wildkatzenpopulationen unterstreicht.
Trotz der aufschlussreichen Ergebnisse ist zu betonen, dass es sich bei dieser Untersuchung um eine Fallstudie mit einer geringen Stichprobengröße handelt, wodurch die externe Validität und Repräsentativität eingeschränkt ist. Die beobachteten Muster können nicht ohne Weiteres auf andere Regionen oder Populationen übertragen werden, liefern jedoch wichtige Hinweise auf potenzielle Zusammenhänge und Verhaltensmuster unter ähnlichen Bedingungen. Die interne Validität der Ergebnisse wurde durch die Kombination verschiedener Datentypen (GPS, ACC, Feinkartierung) gestärkt. Dennoch bestehen Limitationen hinsichtlich der Objektivität und Replizierbarkeit, da zum Beispiel individuelle Interpretationen bei der Klassifikation von Schlafplätzen oder die Witterung bei der Feinkartierung Einfluss nehmen konnten.
Einige Fragestellungen konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend beantwortet werden. Dazu zählt etwa die genaue Rolle sozialer Toleranz innerhalb der untersuchten Population oder die Ursachen einzelner Verhaltensmuster wie der erhöhten Tagaktivität. Hier wäre ein erweitertes Untersuchungsdesign mit größerer Stichprobe, längerer Erhebungsdauer sowie ergänzenden Methoden wie Kameraüberwachung sinnvoll.
Zukünftige Studien sollten längere zeitliche Erfassungszeiträume berücksichtigen, moderne Sensorik gezielter auf Reproduktionsphasen und Sozialverhalten abstimmen und insbesondere anthropogene Einflussfaktoren systematisch erfassen. Die Ergebnisse dieser Arbeit können somit als fundierte Grundlage für weiterführende Forschung und langfristige Schutzkonzepte dienen.

Details

Original languageGerman
Qualification levelMaster of Science
Awarding Institution
Supervisors/Advisors
  • Zschille, Jana, Supervisor
  • Gaisbauer, Almut , Supervisor, External person
Thesis sponsors
  • German Federation for the Environment and Nature Conservation (BUND), Saxony State Association
Defense Date (Date of certificate)5 Aug 2025
Publication statusPublished - 2025
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Keywords

Keywords

  • Wildkatze, Telemetrie, Leipziger Auwald, Raumnutzung, Aktivität