Der Friedhof ein Garten: Entwicklungskonzeption für die Friedhöfe der Stadt Bad Liebenwerda in Brandenburg

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Abstract

Es geht um Friedhöfe. Orte, die sich leeren und anders betten. Die Bestattungskultur hat sich schneller verändert als die Bestimmungen für ihre räumliche Ordnung. Das zeigt sich mal wild, mal verwaist. Es geht um Gesellschaft, Prozesse und Kapazitäten – um ein Phänomen unserer Zeit – in Bad Liebenwerda und vielerorts in Deutschland. Bedingt durch den demografischen Wandel und ein verändertes Bestattungsverhalten sind besonders die Friedhöfe im ländlichen Raum von Neuordnungsprozessen betroffen. Der gesellschaftliche Wandel mit zunehmender Individualisierung und steigender Mobilität führt zu Veränderungen in der Bestattungskultur.
Urnenbeisetzungen nehmen stark zu. Immer häufiger werden halbanonyme und anonyme
Urnenbeisetzungen, ohne individuelle Grabstelle, gewählt. Sei es, weil die regelmäßige Grabpflege
keine Angehörigen belasten soll oder diese nicht mehr am Ort leben (KREBS S. 2003)
Aus den kulturellen Veränderungen resultiert ein verminderter Flächenbedarf und, vor allem bei Angehörigen von außerhalb, eine zunehmende Erlebnisorientierung: Der kurzfristigen Bestattungsfeier wird insgesamt mehr Wert beigemessen, als es traditionell, im Rahmen des alltäglichen Ortes, der Fall war (NOHL W., RICHTER G. 2001). Aus dem geringeren Flächenbedarf der Urnenbeisetzungen und durch den demografisch bedingten Rückgang der Beisetzungszahlen, entsteht eine rapide sinkende Belegungsdichte der Friedhofsflächen. Dies wiederum lässt die Friedhofsgebühren steigen, um die leicht, jedoch kontinuierlich, anwachsenden Kosten decken zu können. Die Funktion der Beisetzung und die Bedeutung als Ort für Trauer und Gedenken erweitert sich sukzessive durch die Themen Erholung, Biotop- wie Denkmalschutz (NOHL W., RICHTER G. 2001). Da parallel in der Gesellschaft neue Ausdrucksformen im Umgang mit dem Tod entstehen, beschreiben diese Veränderungen Chancen, den Friedhof neu zu denken und sich zu fragen: Wie möchten wir in Zukunft unsere Toten bestatten?
Die Kurstadt Bad Liebenwerda liegt im Südwesten von Brandenburg, im Landkreis Elbe-Elster. Bad
Liebenwerda zählt 9.188 Einwohner (STAND 31.12.2018, LKEE.DE, ONLINE) und das gesamte Stadt-
gebiet, inklusive der 1993 eingemeindeten Ortsteile erstreckt sich über eine Fläche von 138,88qkm.
Neben dem ursprünglichen Stadtgebiet zählen heute 15 Ortsteile zu Bad Liebenwerda, 12 Friedhöfe
liegen in kommunaler Verwaltung. Zu nennen sind hier die Friedhöfe Stadtfriedhof und Bergfriedhof, sowie die Friedhöfe der Ortsteile Dobra, Kröbeln, Lausitz, Maasdorf, Neuburxdorf, Prieschka, Thalberg, Theisa, Zeischa und Zobersdorf. Die hohe Anzahl der Anlagen wird für die Stadt, hinsichtlich der Verwaltung und Pflege, zunehmend zur Herausforderung. Dies bei zusätzlich sinkenden Einwohner- und Belegungszahlen, mit folglich geminderten Einnahmen aus den Nutzungsgebühren: Heute stehen die Einnahmen nicht mehr im Verhältnis zu der pflegenden Fläche. Eine weitere Herausforderung ist die anhaltende Trockenheit, welche die Vegetationsbestände auf den Friedhöfen deutlich strapaziert. Zudem wünschen sich auch die
Menschen in Bad Liebenwerda mehrheitlich Urnenbestattungen, die im Vergleich zu Sargbestattungen wesentlich weniger Fläche beanspruchen.
Die Stadtverordnetenversammlung reagierte auf die Flächenüberhänge ihrer kommunalen Friedhöfe und verabschiedete einen Beschluss über ›Stilllegungsflächen‹ und ›Anwärterflächen für spätere Stilllegung‹. Es erfolgten keine Umwidmungen, die stillgelegten Bereiche verbleiben weiterhin im Friedhof. Seitens der Stadt wurde in den letzten Jahren teilweise versucht, die Überhangflächen mit Gehölzen zu gestalten. Es fehlt jedoch ein übergeordnetes Gestaltungskonzept, um die Maßnahmen gezielt und pflegekostenextensiv steuern zu können. Auch im Rahmen dieser Konzeption waren Umwidmungen von Überhangflächen ausgeschlossen.
Es sind bereits Friedhofsräume entstanden, die vom gewohnten Friedhofsbild abweichen und uns meist unbefriedigt zurücklassen. Die Flächen wirken teilweise leer, verwildert bis verwahrlost. Diese Dynamik, mit einhergehendem Gestaltwandel, wird sich voraussichtlich wiederholen und sich noch verstärken. Nach den zu erwartenden, steigenden Bestattungszahlen in den kommenden 30 Jahren, ist ab 2050 mit deutlich zurückgehenden Sterbezahlen zu rechnen (DEMOGRAPHIEBERICHT BAD LIEBENWERDA 2016, ONLINE). Benötigt wird eine Konzeption, die auf diese zeitlich eingrenzbaren Prozesse mit angemessenen Szenarien reagiert.

Details

Original languageGerman
Commissioning bodyStadt Bad Liebenwerda
Number of pages118
Publication statusPublished - Jan 2020
Peer-reviewedNo

Keywords

Research priority areas of TU Dresden

DFG Classification of Subject Areas according to Review Boards