Im Verkehrs- und Straßenwesen wird der Begriff der Wegekette als Gesamtheit der Wege von einem Ausgangspunkt zu einem Ziel bezeichnet. Üblicherweise erfolgt dies durch Ausübung einer bestimmten Aktivität und durch Benutzung von Verkehrsmitteln und / oder Verkehrswegen (z.B. Fußwege), welche von einer Person in chronologischer Reihenfolge und innerhalb eines bestimmten Zeitraums (i. d. R. ein Tag) zurückgelegt werden. „Aus der Verkettung von Aktivitäten und damit der Aneinanderreihung von Ortsveränderungen“ (BMDV 2015) ergeben sich nach DIN 18040-3 sog. Aktivitäten- respektive Wegeketten, die für Sehbeeinträchtigte „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar“ sein sollten (BGG 2002, §4, idF 2018).

Merkmale der Einheitlichkeit, Durchgängigkeit und Vernetztheit können als wesentliche Eigenschaften barrierefreier Wegeketten identifiziert werden. Allgemeingültige Kriterien dieser Merkmale sind jedoch nicht näher beschrieben (siehe Folie 3A), sodass die Nutzbarkeit barrierefreier Wegeketten derzeit nicht objektiv erfasst und bewertet werden kann. Ziel des Forschungsprojekts war es, ausgehend von den derzeit gültigen Normen allgemeingültige Kriterien zur Beschreibung von Wegeketten, zusammengesetzt aus unterschiedlichen Leitelementen, zu entwickeln.
Im Ergebnis stellt das vorliegende Dokument die fehlenden Grundlagen für die systematische und sichere Bestandsaufnahme barrierefreier Wegeketten für sehbeeinträchtige und blinde Menschen in öffentlichen Verkehrs- und Freiräumen dar. Es bildet eine wissenschaftliche Grundlage für die Beschreibung, Systematisierung, Priorisierung und Ableitung von Maßnahmen für barrierefreie Wegeketten. Mit Hilfe dieser Grundlagen für eine sichere und praxisnahe Planung von barrierefreien Wegeketten für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen kann eine Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe“ sichergestellt werden. Die Anforderungen visueller Barrierefreiheit werden für Auftraggebende und Planende leichter verständlich gemacht und damit Barrierefreies Bauen weiter verbreitet. Die Sicherstellung einer besseren Orientierung durch barrierefreie Wegeketten kommt allen Menschen bei der Fortbewegung im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum zugute und stellt demnach einen wichtigen Lösungsansatz bezüglich der Herausforderungen des demographischen Wandels dar.