Fertigungsprozesse, insbesondere in der Elektronikindustrie, sind meist fehlerbehaftet. Diese Eigenschaft wird durch die Fehlerquote p mit dem Wertebereich 0 ≤ p ≤ 1 (bzw. 0% ≤ p ≤ 100%) abgebildet. Die Erkennung und Beseitigung dieser Fehler ist mit Kosten verbunden. Diese Kosten werden durch Qualitätsprozesse verursacht, die nötig sind, die Fehler zu erkennen und zu
beseitigen. Ein Qualitätsprozess besteht aus einem Prüfprozess und einem Rückweiseprozess. Im Prüfprozess werden die vom Fertigungsprozess eventuell verursachten Fehler gefunden und im Rückweiseprozess beseitigt (meist durch Reparatur).
Ziel dieser Arbeit ist es zu diskutieren, inwieweit ein Qualitätsprozess, bestehend aus Prüfprozess und Rückweiseprozess, unmittelbar nach dem möglicherweise fehlerverursachenden Fertigungsschritt oder zu einem späteren Zeitpunkt in der Fertigungskette aus Kostensicht sinnvoll anzuordnen ist. Dazu wird ein Qualitätskostenmodell vorgestellt, hergeleitet und die praktische
Anwendung demonstriert. Die Kosten dienen dabei zum Vergleich unterschiedlichster technologischer Prozesse, die sich mittels physikalischer oder technischer Parameter in ihrem Qualitätsverhalten nicht miteinander vergleichen lassen. Das Modell ist leicht verallgemeinerbar und bietet die produkt- und prozessbezogene Möglichkeit der Kostenoptimierung der
Qualitätsstrategie auch für sehr lange Prozessketten. Dabei wird der Einfluss der Prüfprozesse selbst (Prüfschlupf und Pseudofehler) ebenfalls im Modell abgebildet. Ein Abschnitt der Arbeit befasst sich mit der Implementierung der Stichprobenprüfung als Werkzeug der Prozesskontrolle in das Modell. Für größere Fertigungsketten wird die "Dynamische Optimierung" als ein
übersichtlicher Lösungsweg vorgestellt.
Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass durch die Anwendung des Modells nicht nur der Effekt der Kostensenkung eintritt, sondern auch eine deutliche Verbesserung der Prozessbeherrschung durch vertieftes Wissen um die technologischen Prozesse erreicht wird.
Den Betrachtungen zum Qualitätskostenmodell sind eine allgemeine Darstellung von in der Elektronikfertigung anwendbaren Qualitätswerkzeugen und eine Systematik der notwendigen Mathematik vorangestellt.