Weder Rundfunk noch Presse: Die Einführung des Bildschirmtextes im Kontext der medienpolitischen Debatten der 1970er und 1980er Jahre
Publikation: Beitrag in Fachzeitschrift › Forschungsartikel › Beigetragen › Begutachtung
Beitragende
Abstract
Die Frage, wie sich computerbasierte, interaktive und vernetzte Medien auf die Gesellschaft auswirken, wurde nicht erst seit der Ausbreitung des Internets in den 1990er Jahren umfassend diskutiert. In der Bundesrepublik Deutschland wurde bereits in den 1970er Jahren über die Folgen neuer Telekommunikati- onsmedien debattiert. Neben den sozialen Auswirkungen interessierten sich die politischen Akteure besonders für die kompetenzrechtlichen Dimensio- nen: Wie konnten die neuen Telekommunikationsdienste in die bestehende Medienordnung eingeordnet und entsprechend reguliert werden? War der Zugriff auf Informationen, die auf entfernten Computern gespeichert waren, mit einem Telefonanruf vergleichbar, handelte es sich dabei um eine neue Verbreitungsform der Presse oder musste ein solcher Dienst nicht eigentlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorbehalten werden? Anlass bildete die durch die Deutsche Bundespost geplante Einführung des neuen Fernmeldedienstes Bildschirmtext (Btx). Obwohl dieser Dienst aus heutiger Sicht nicht - wie zeitgenössisch vielfach beschworen - der Ausgangspunkt einer Informationsrevolution war, so bildeten die politischen Auseinanderset- zungen um seine Einführung den Anfang einer bis heute nicht abgeschlossenen Diskussion, wie mit den - mittlerweile über 40 Jahre alten - ‚neuen Medien‘ umgegangen werden soll.
Der Aufsatz widmet sich dem Entstehungskontext und den medienpoli- tischen Auseinandersetzungen vor der Einführung des Bildschirmtextes. Zu- nächst wird ein Überblick über die medienpolitische Situation zu Beginn der 1970er Jahre gegeben, die davon geprägt war, dass sich parteipolitische Dif- ferenzen mit einem grundlegenden Bund-Länder-Konflikt überlappten. Dies hatte zur Folge, dass die Pläne der Bundespost, ein neuartiges, universelles Breitbandnetz für Sprache, Rundfunk und Daten aufzubauen, Mitte der 1970er Jahre keine Mehrheit fanden. Als die Bundespost daraufhin mit Bildschirmtext ein neues Massenmedium ankündigte, das auf dem bestehenden Telefonnetz basierte und Informationen von einem Computer auf Fernsehgeräten darstellen konnte, entfachte dies einen neuen Kompetenzkonflikt zwischen Bund und Ländern. Mit dem politischen Kompromiss, den Dienst als ‚neues Medium‘ zu definieren, wurde ein neuer, bis in die Gegenwart relevanter Pfad beschritten.
Der Aufsatz widmet sich dem Entstehungskontext und den medienpoli- tischen Auseinandersetzungen vor der Einführung des Bildschirmtextes. Zu- nächst wird ein Überblick über die medienpolitische Situation zu Beginn der 1970er Jahre gegeben, die davon geprägt war, dass sich parteipolitische Dif- ferenzen mit einem grundlegenden Bund-Länder-Konflikt überlappten. Dies hatte zur Folge, dass die Pläne der Bundespost, ein neuartiges, universelles Breitbandnetz für Sprache, Rundfunk und Daten aufzubauen, Mitte der 1970er Jahre keine Mehrheit fanden. Als die Bundespost daraufhin mit Bildschirmtext ein neues Massenmedium ankündigte, das auf dem bestehenden Telefonnetz basierte und Informationen von einem Computer auf Fernsehgeräten darstellen konnte, entfachte dies einen neuen Kompetenzkonflikt zwischen Bund und Ländern. Mit dem politischen Kompromiss, den Dienst als ‚neues Medium‘ zu definieren, wurde ein neuer, bis in die Gegenwart relevanter Pfad beschritten.
Details
Originalsprache | Deutsch |
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Seiten (von - bis) | 123–148 |
Seitenumfang | 26 |
Fachzeitschrift | Technikgeschichte : tg |
Jahrgang | 89 |
Ausgabenummer | 2 |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2022 |
Peer-Review-Status | Ja |
Externe IDs
ORCID | /0000-0002-5397-4189/work/177871922 |
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Mendeley | d9c91e29-8d51-32cf-93f4-584e3d0f80e6 |
unpaywall | 10.5771/0040-117x-2022-2-123 |