Hauptspannungstrajektorien in der numerischen Festkörpermechanik: Ein Algorithmus zur Visualisierung der Bauteilbeanspruchung in zwei und drei Dimensionen - Berichte des Instituts für Mechanik und Flächentragwerke/ Heft 7

Publikation: Hochschulschrift/AbschlussarbeitDissertation

Beitragende

  • Frank R. Beyer - (Autor:in)

Abstract

Für die anschauliche Darstellung der Ergebnisse mechanischer Untersuchungen von Bauteilbeanspruchungen existieren diverse Visualisierungsformen. Eine solche Visualisierungsform ist die Darstellung von Hauptspannungstrajektorien, vorwiegend der Hauptnormalspannungstrajektorien des Spannungszustandes eines Bauteils. Trajektorienbilder sind im Bereich des Bauingenieurwesens insbesondere im Massivbau nach wie vor von großem Interesse. So werden beispielsweise die in der Stahlbetonnormung fest verankerten Stabwerkmodelle in erster Linie auf der Basis von Hauptspannungstrajektorien entwickelt. Aus diesem Grund gehören Trajektorienbilder heute nicht nur zum akademischen Standardlehrstoff, sondern werden auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen gern zur Erläuterung von komplexen Spannungszuständen herangezogen. Unglücklicherweise finden sich in der einschlägigen Fachliteratur und in wissenschaftlichen Arbeiten nicht selten grundlegende Fehldarstellungen. Diese Arbeit stellt einen geeigneten Algorithmus zur korrekten Darstellung von Trajektorienbildern auf der Basis numerisch (beispielsweise mit der Finite-Elemente-Methode) berechneter Spannungslösungen bereit.\n\nAnhand von systematischen Untersuchungen zu verschiedenen Bauteilgeometrien und Beanspruchungs-konstellationen konnte eine Reihe von immer wieder zu findenden Fehlinterpretationen von Trajektorienbildern aufgezeigt werden. Die oft angenommene Analogie von Spannungstrajektorien zu Stromlinien von Fluidströmungen im Sinne eines „Kraftflusses“ wurde widerlegt. Das Problem bei herkömmlichen Trajektorienbildern, dass diese nicht imstande sind, Auskunft über die Größe der Spannungen zu geben, führte mitunter zu der bisweilen verbreiteten Annahme, die Verdichtung von Trajektorien in einem Trajektorienbild bedeute eine Spannungskonzentration an entsprechender Stelle. Anhand von Beispielen wird dies eindeutig widerlegt. Zur Vermeidung dieses Fehleindrucks wurde eine neue Darstellungsform eingeführt, die neben den Richtungen auch die Größen der Hauptspannungen anhand eines Farbmaßstabes ablesbar macht.\n\nMithilfe einer variablen Schrittweitensteuerung konnte die Genauigkeit bei der Pfadverfolgung der Trajektorien gegenüber festen Schrittweiten maßgeblich verbessert werden. Geeignete Abbruchkriterien gewährleisten das zuverlässige Auffinden von äußeren sowie innenliegenden Bauteilbegrenzungen und die Detektion geschlossener Trajektorien.\n\nEinen wesentlichen Punkt stellen mögliche Singularitäten wie isotrope Punkte, isotrope Grenzen oder isotrope Gebiete dar, in denen die Hauptspannungsrichtungen mithilfe der Lösung des Eigenwertproblems nicht eindeutig ermittelbar sind. Deren Nichtbeachtung ist eine wesentliche Ursache für Fehldarstellungen in der Literatur. Die an solchen Stellen auftretenden Effekte und entstehenden Probleme bei der Ermittlung und Interpretierbarkeit von Trajektorienbildern wurden systematisch analysiert und entsprechende Lösungsvorschläge erarbeitet.\n\nBisher blieb die Verwendung von Trajektorienbildern praktisch auf zweidimensionale Probleme beschränkt. Das Potenzial von Spannungstrajektorien zur Visualisierung dreidimensionaler Spannungszustände war bislang noch unerforscht. Daher wurde das Verfahren zur Berechnung von Spannungstrajektorien auf dreidimensionale Spannungszustände übertragen. Während sich einige Teilbereiche des entwickelten Algorithmus, wie beispielsweise die Schrittweitensteuerung, problemlos unter Hinzuziehung einer weiteren Richtungskomponente für dreidimensionale Probleme erweitern lassen, hat sich gezeigt, dass diese Erweiterung auch diverse Nichttrivialitäten enthält.\n\nBei den aus der Berechnung erhaltenen Trajektorien handelt es sich im dreidimensionalen Fall um räumliche Kurven. Eine wesentliche Erkenntnis aus berechneten dreidimensionalen Trajektorienbildern ist, dass sich diese Raumkurven im Unterschied zum ebenen Fall in der Regel nicht schneiden und somit keine Maschen zwischen den Trajektorien wie im Zweidimensionalen aufspannen. Eine noch verbleibende Schwierigkeit bei der Anwendung dreidimensionaler Trajektorienbilder besteht in deren interpretierbarer Darstellung. In der vorliegenden Arbeit wurden hierzu einige Vorschläge erarbeitet sowie deren Anwendbarkeit getestet und bewertet.\n\nUm die Möglichkeit der eigenständigen Berechnung von Trajektorienbildern einem breiten Nutzerkreis zugänglich zu machen, können aufbauend auf den Erkenntnissen dieser Arbeit leicht bedienbare Softwarelösungen mit grafischer Benutzeroberfläche entwickelt werden. Der Algorithmus zur Trajektorienermittlung wurde mit diesem Ansinnen in allen Details beschrieben.\n\nAuf dem Gebiet der Trajektorien dreidimensionaler Spannungszustände hat sich darüber hinaus noch weiterer Forschungsbedarf herausgestellt, hierzu werden in der Arbeit an den entsprechenden Stellen einige Vorschläge zur Weiterentwicklung gemacht.\n\nDer entwickelte Algorithmus ermöglicht darüber hinaus auch direkt auch die Ermittlung von Trajektorien materiell oder geometrisch nichtlinearer sowie dynamischer und sonstiger Probleme, sofern der entsprechende Spannungszustand vorliegt. Außerdem kann der Algorithmus prinzipiell auch zur Bestimmung von Hauptschubspannungstrajektorien oder Hauptmomentenlinien angewandt werden.\n\n\n\nThere are several kinds of visualisation for the illustration of the results of mechanical investigations of structural elements’ load bearing behaviour. The illustration of the stress state via principal stress trajectories, mainly principal normal stress trajectories, is one of them. In the field of civil engineering, trajectory plots are still of notable interest, particularly in solid construction. Thus, the truss models as part of the European engineering standards for steel-reinforced concrete are primarily developed using principal stress trajectories.\n\nFor this reason, trajectory plots are not only part of the academic subjects taught at university, but they are also used in scientific publications for the illustration of complex stress states. Unfortunately, fundamental misrepresentations are not rare in the relevant literature and scientific works. This work provides a suitable algorithm for accurate trajectory plots based on numerically computed stress solutions (e.g. using the finite element method).\n\nBy means of systematic investigations of several structural element’s geometries and loading situations, a number of prevalent misinterpretations was identified. The analogy often assumed between stress trajectories and streamlines of fluid flow in terms of “load flow” has been disproved. A property of traditional trajectory plots is not able to indicate the level of stress. Thus, in areas of narrowing trajectories stress concentrations are often assumed. By means of examples this assumption was clearly disproved. To prevent the appearance of such misimpressions, the stress levels are represented using a colour scale known from contour plots.\n\nAn adaptive incrementation during path tracing allows a significant increase of accuracy compared with uniform incrementation. Suitable stop criteria ensure reliable detection of outer and inner borders as well as closing of trajectories.\n\nOne important aspect is the appearance of singularities like isotropic points, isotropic borders and isotropic areas, where the principal stress directions in terms of eigenvectors are not unique. Non-observance is one of the main causes of misrepresentations of trajectory plots in literature. The effects due to the appearance of isotropic points and the arising problems for calculation and interpretation of stress trajectories were systematically analysed, and proposals for a solution were made. Up to now, the usage of trajectory plots was limited to two-dimensional problems. The potential of stress trajectories for the visualisation of three-dimensional stress states was still unexplored.\n\nTherefore, the algorithm for the calculation of stress trajectories was augmented in three dimensions. Some parts of the two-dimensional algorithm like adaptive incrementation could be directly translated simply considering the third coordinate, whereas the necessary modifications of some parts turned out to be non-trivial.\n\nThe stress trajectories of three-dimensional stress states prove to be space curves. An essential finding from the calculated three-dimensional trajectory plots was, that three-dimensional trajectories – compared to two-dimensional trajectories – generally do not intersect each other. According to this, three-dimensional trajectories generally do not build meshes. The interpretable display of three-dimensional trajectories is still a difficulty. In this work, the applicability of some methods has been tested and assessed.\n\nTo enable a large group of users to create stress trajectory plots individually, easily operated software solutions with a graphical user interface should be developed. For this purpose, the developed algorithm for tracing trajectories is described in every detail. In the field of three-dimensional stress trajectories need of further research came to light, which is specified in the corresponding parts of this work.\n\nIn addition, the developed algorithm allows also the calculation of stress trajectories of geometrical and material non-linear as well as dynamic and other problems, if only the stress state is available.\n---\nFurthermore, the algorithm can be applied for the calculation of principal shear stress trajectories and principal moment trajectories.

Details

OriginalspracheDeutsch
Gradverleihende Hochschule
Betreuer:in / Berater:in
  • Balzani, Daniel, Betreuer:in
  • Zastrau, Bernd, Betreuer:in
ErscheinungsortDresden
AuflageNeuerscheinung
ISBN's (print)978-3-86780-457-8
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2015
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Schlagworte

Schlagwörter

  • Trajektorien, Hauptspannungstrajektorien, Spannungszustand, Visualisierung, Festkörpermechanik, Finite-Elemente-Methode