Fünfundzwanzig Jahre Lithiumaugmentation

Publikation: Beitrag in FachzeitschriftÜbersichtsartikel (Review)BeigetragenBegutachtung

Beitragende

Abstract

Vor 25 Jahren berichtete die Forschergruppe um den kanadischen Psychiater de Montigny erstmals von der erfolgreichen Behandlung bis dahin therapierefraktärer depressiver Patienten durch die Addition von Lithium zum Antidepressivum. Bei der 1981 publizierten Arbeit handelte es sich um eine offene, unkontrollierte Beobachtung an lediglich 8 Patienten, die modernen methodischen Standards nicht genügt. Dennoch hat dieses in der Folge als „Lithiumaugmentation“ bezeichnete Behandlungsverfahren die Strategien zur Pharmakotherapie depressiver Erkrankungen nachhaltig verändert. Bemerkenswert ist auch die Vorgeschichte: De Montigny und Kollegen waren strikt theoriegeleitet zu der Idee der Lithiumaugmentation gelangt, nachdem sie in tierexperimentellen Vorarbeiten in den 1970er Jahren gefunden hatten, dass eine mehrwöchige Antidepressivavorbehandlung zu einer Sensibilisierung von zentralnervösen Serotoninrezeptoren führt. Die bekannten proserotonergen Eigenschaften des bereits seit 1949 systematisch als Psychopharmakon eingesetzten Lithiums sollten zur Stimulation dieser Rezeptoren genutzt werden. In den 1980er und 1990er Jahren belegten dann zahlreiche zunächst offene, später einfach- und doppelblinde randomisierte und plazebokontrollierte Studien die Wirksamkeit der Lithiumaugmentation. Untersuchungen zur Optimierung der klinischen Anwendung ergaben Ende der 1990er Jahre, dass eine Lithiumaugmentation bis zur Beurteilung ihrer Wirksamkeit über ca. 2 Wochen unter Ziel-Lithiumserumspiegeln, wie sie auch zur Phasenprophylaxe etabliert sind, durchgeführt und im Fall der Response für 6–12 Monate im Sinne einer Erhaltungstherapie fortgeführt werden sollte. Gegenwärtig werden die noch nicht vollständig aufgeklärten Wirkmechanismen der Lithiumaugmentation untersucht. Aktuelle Ergebnisse zeigen, dass neben der von de Montigny postulierten Idee auch eine aktivierende Wirkung auf das Stresshormonsystem eine Rolle spielen könnte. Aufgrund der guten Evidenzlage ist die Lithiumaugmentation heute ein in gängigen Leitlinien und Therapiealgorithmen bei Nonresponse auf eine Antidepressivamonotherapie empfohlenes Behandlungsverfahren.

Details

OriginalspracheDeutsch
Seiten (von - bis)1237-1247
Seitenumfang11
FachzeitschriftDer Nervenarzt
Jahrgang78
Ausgabenummer11
PublikationsstatusVeröffentlicht - 26 Apr. 2007
Peer-Review-StatusJa

Externe IDs

Scopus 36048984116
researchoutputwizard legacy.publication#25651
ORCID /0000-0001-9976-6601/work/157319339
ORCID /0000-0002-2666-859X/work/157318740
ORCID /0000-0002-3415-5583/work/157318985

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