Das Spießerverdikt: Invektive Umordnungen des Sozialen seit der Romantik

Publikation: Beitrag in FachzeitschriftForschungsartikelBeigetragenBegutachtung

Abstract

„Spießern“ wird im Deutschen in herabsetzender Absicht Engstirnigkeit und eine konformistische Lebensweise unterstellt. Der Aufsatz fasst das Spießerverdikt als ein kommunikatives Muster, das in Auseinandersetzungen um die Deutung der sozialen Ordnung eingesetzt wird, indem es die Angehörigen der Mitte als Repräsentanten der bestehenden Ordnung attackiert. Varianten des Spießerverdikts zirkulieren im deutschen Sprachraum seit dem frühen 19. Jahrhundert. Sie entwerfen gegenhegemoniale Sinnhorizonte der gesellschaftlichen Verortung und Legitimation. Um ihre Funktion bei der Erzeugung und In-Geltung-Setzung von Vorstellungen sozialer Ordnung sichtbar zu machen, wird die Herausbildung des kommunikativen Musters anhand dreier Varianten im deutschsprachigen Raum nachgezeichnet: der Philistersatire in der Romantik, der Kleinbürgerkritik in der durch Marx und Engels geprägten Klassentheorie und der antibürgerlichen Selbstinszenierung der Bohemiens. Damit wird eine kultursoziologische Perspektive auf sozialen Wandel eingenommen, die die diskursive Praxis der Herabsetzung als Faktor von Konflikten in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche fokussiert.

Details

OriginalspracheDeutsch
Seiten (von - bis)159-187
Seitenumfang29
FachzeitschriftBerliner Journal für Soziologie
Jahrgang31
Ausgabenummer2
PublikationsstatusVeröffentlicht - 24 Aug. 2021
Peer-Review-StatusJa

Externe IDs

Scopus 85113368174
ORCID /0000-0002-0206-5225/work/142248789

Schlagworte

Schlagwörter

  • Cultural Sociology, Historical discourse analysis, Middle class, Philistines, Social change