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‚Lebendige' Naturwissenschaft. Otto Schmeil's Biologielehrbuch als Medium zwischen Artifizialität und ‚Natürlichkeit‘

Aktivität: Vortrag oder Präsentation an externen Einrichtungen/VeranstaltungenVortragBeigetragen

Personen und Einrichtungen

Datum

24 Juni 2022

Beschreibung

An der Schwelle zum 20. Jahrhundert begann Otto Schmeil, Biologielehrer und Schuldirektor, eine ganze Reihe an Biologielehrbüchern zu verfassen, die noch für etliche Jahrzehnte zu den populärsten Werken dieser Sorte Literatur gehören sollten. Während deren Illustration unter bestimmten Aspekten bereits von H.-J. Wilke erörtert worden ist, widmet sich dieser Beitrag dem Zusammenwirken von textuellen Inhalten und Formen mit denen des Bildes – und einer soziohistorischen Kontextualisierung.
Schmeil’s reformpädagogisches Anliegen, den ‚Verbalismus‘ zugunsten schülerischer Selbsttätigkeit abzuschaffen, schlug sich in einem alltagsnahen Sprachstil nieder, der Elemente einer direkten Ansprache umfasste und großen Wert auf bildgestützte Veranschaulichung setzte. Sein Werk ist jedoch nicht nur als Beispiel modernisierter Pädagogik einzuordnen, sondern auch in seiner Funktion als Medium der Zugänglichkeit zur artifizialisierten Welt der Naturwissenschaften in Zeiten sozialer Umbrüche. Naturalistische und romantische Motive standen dabei in einem Verhältnis, das mit der um 1900 präsenten kulturellen Spannung zwischen Wissenschafts- und Technikaffinität einerseits und der Fetischisierung von ‚Natürlichkeit‘ und dem ‚Leben‘ andererseits korrespondierte. Der Anspruch an eine Didaktik des ‚Lebendigen‘ war daher vom Wert einer Authentizität geprägt, die den Widerspruch zweier erkenntnistheoretischer Ideale miteinander vereinbarte – das der subjektiven Erfahrung und das der Naturwissenschaften. Die Lehre über die an sich nicht kopierbare, da vollkommene, aber durch rationalistische Methoden begreifbare ‚Echtheit‘ der belebten Welt bedurfte einer Vermittlung in Form ästhetisierter Wirklichkeitsnähe.
Daran anknüpfend wird der Beitrag die Schmeil’schen Wissensartefakte im Kontext der Verwobenheit von Literatur und Ästhetik mit dem epochenspezifischen Verhältnis der Mythisierung von Jugendlichkeit, Sexualität und dem kolonialen Anderen zur biopolitischen Rationalisierung diskutieren.

Konferenz

Titel30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie
UntertitelBiologie und Literatur
Veranstaltungsnummer
Dauer24 Juni 2022
BekanntheitsgradInternationale Veranstaltung
OrtUniversität Jena
Stadt

Schlagworte